Dr. Michael Sacherer,
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologe
dank Service-Orientierung & Generationen-gerechter Arbeitssettings
die Zukunftsfähigkeit für Steiermark’s Gesundheitsversorgung sichern
am Puls der Zeit
Lesen Sie im folgenden RePostdes des Health 4 Me – Blog „Portrait im Interview“ vom 28. Juni 2022:
- Was ihn bewog, Arzt zu werden
- Weshalb sein Herz dem Ruf in die Kardiologie und nicht in die Küche folgte
- Welche Ziele in der 5 – jährigen Funktionsperiode unter seiner Präsidentschaft umgesetzt werden sollen
- Sein Zugang zu „Susi Sorglos“, Kassen-, Wahl- und PrivatÄrztInnen
- Wie er die Zusammenarbeit mit ApothekerInnen sieht
- Wo in der Steiermark die Schwerpunkte in Sachen Gesundheitsfürsorge, -Vorsorge und Prävention gesetzt werden
- Was er als Internist und Kardiologe für die eigene Gesundheit tut!
Herzliche Gratulation zur Wahl zum Präsidenten der Ärztekammer Steiermark! Was bewog Sie anno dazumal dazu, Medizin zu studieren?
„Ich war zu Zivildienst-Zeiten beim Roten Kreuz, denn ich habe mich sehr für Gesundheitsberufe interessiert und kann generell gut mit Menschen, mit kranken und auch älteren Menschen im Speziellen.
Wäre ich nicht Arzt geworden, so wäre ich Koch geworden. Wobei Köche zu Zeiten von Corona mit der Unmöglichkeit, beruflich tätig zu sein, nicht zu beneiden waren!
Ich bin kein Profi-Koch und damit von diversesten Hauben etwas entfernt. ABER ich bin ein Koch mit Leidenschaft und koche gerne mit FreundInnen. Für hat Kochen etwas Soziales, das gemeinsame Genießen und Verzehren, entspricht einem Ur-Instinkt des Menschen. Am Liebesten koche ich Hausmannskost – vom Schweinsfillet bis hin zum Steak ist alles drin.
Wie kam es, dass ihr Ärzte-Herz für die Kardiologie schlägt?
Dies verdanke ich mehreren, aber einem großen Förderer und Mentor, Prof. Dr. Burkhard Pieske, der Ordinarius an der Medizinischen Universität Graz war und nach Berlin an die Charite abberufen wurde.
Vor allem die Rhythmologie fasziniert mich seit wissenschaftlichen Projekten zu Studiums-Zeiten. Univ. Prof. Dr. Pieske ermöglichte mir, hier weiter tätig zu sein und es zog mich einfach ins Fach hinein, mein absolutes Herzblut
Die Kardiologie bietet in sich wiederum ein breites Spektrum – von der konservativen Kardiologie über die Intensivmedizin bis hin zur Interventionellen Kardiologie, wo Stents eingebracht werden und Herzmuskel als auch Leben in Folge gerettet werden.
Am meisten zu Hause bin ich aber in der Interventionellen Kardiologie und habe voll und ganz meinen Fokus darauf gelegt und mich für das Angestelltenverhältnis entschieden. Meine Entscheidung dafür und auch meine Lebensplanung bedingten in Folge eine Entscheidung gegen eine zusätzliche Wahlarzt-Ordination.
Das ist auch der Grund, weshalb ich hier weiterhin tätig sein werde, auch während meiner Präsidentschaft will ich Nachtdienste machen – auf der Kardiologischen Intensivstation als auch im Bereich der Interventionellen Kardiologie.
Ich bin der Meinung, auch als Präsident der Standesvertretung ist es wichtig, zu wissen, wie es den KollegInnen geht, um das System entsprechend weiterzuentwickeln. Die Funktion muss sich ja mit ärztlicher Tätigkeit vereinbarenen lassen – und das gelang mir, die letzten 2 Monate zurückblickend, bis dato sehr gut.
In Summe ist wichtig, dass alle Aspekte des Arztberufes mit vertreten sind von den Unikliniken, an der ich tätig bin, über Schwerpunktspitäler und kleinere Spitäler bis hin zum niedergelassenen Bereich, als Kassen-, Wahl- oder PrivatÄrztIn.
Ich muss auch sagen, wir haben hier in der Steiermark ein gut funktionierendes Kuriensystem. Die beiden Kurien sind nicht in allem auf den Präsidenten angewiesen und können daher teils selbständig agieren. Die jeweiligen Vertretungen sind stark und hoch-engagiert. Auch als gesamtes Team sind wir sehr engagiert und agieren gut, denn eine Ärztevertretung kann immer nur in einem Team gut funktionieren!
Wenn wir dabei sind – wofür werden Sie sich mit Ihrem Team in den kommenden 5 Jahren Ihrer Funktionsperiode in der Steiermark einsetzen, was sind Ihre Ziele?
„Das Gesundheitssystem stellt gerade große Herausforderungen an die Gesundheitspolitik – vor allem die Mangelsituation in Sachen Personal.
- Der Pflegemangel ist bereits medial präsent und zieht sich stark in den Alltag bei der Versorgung der PatientInnen hinein.
- Der Ärztemangel ist latent vorhanden und wird öffentlich erst präsenter werden.
Als Standesvertretung müssen wir uns jetzt schon wappnen:
Arzt zu sein oder gar zu werden muss attraktiver werden!
Von allen, die das Medizinstudium abschließen, werden fast 40 % nicht ärztlich tätig!
- einerseits müssen wir hier auf die KollegInnen motivierend einwirken, damit sie versorgungs-relevant werden,
- andererseits müssen wir dafür sorgen, dass die Tätigkeit attraktiver wird – gemeinsam mit den Krankenanstaltenträgern, der Politik, Sozialversicherungen. Gemeinsam gilt es maßgeschneiderte Konzepte zu entwickeln. Es gilt die Tätigkeit derzeit zu attraktivieren, dass die KollegInnne dort langfristig bleiben und zufrieden arbeiten können!
Bei der Antritts-Pressekonferenz war unser Wahlspruch:
„Gesundheit gemeinsam gestalten!“
Künftig geht es weniger denn je gegeneinander. Man soll sich nicht über die Medien Information ausrichten. Miteinander gilt es, sich für mittel- und langfristige ärztliche Versorgung einzusetzen!
Der Pensionsantritt der Baby-Boomer-Generation wird herausfordernd! Dann werden absehbar viele angestellte ÄrztInnen in den niedergelassenen Bereich shiften und wir haben damit einen absehbaren Ärztemangel in den Spitälern.
Die Studienplätze zu erhöhen ist ein zu kurz gegriffener Lösungsansatz! Auch die Politik weiß das mittlerweile!
Die Ärzteschaft hat mit 6 Jahren Studium und anschließend noch weiteren 6 Jahren bis zur Fachärztin/ zum Facharzt die längste
Ausbildungsdauer von insgesamt 12 Jahren! Ich kenne keinen anderen Beruf, der eine 12jährige Ausbildungszeit hat!
Damit werden die erhöhten Studienplätze erst 12 Jahre später Versorgungs-relevant. DAS dauert daher viel zu lange, um die Versorgung durch ÄrztInnen decken zu können!
Es gilt, an den Rahmenbedingungen zu schrauben und drehen und arbeiten – Generationen-gerecht!
Wichtig ist, das Arbeitsfeld attraktiver zu gestalten, etwa die Kinderbetreuung zu sichern, um Arbeit und Familie besser vereinbaren zu können. Teilzeit-Ausbildungsstellen sind hier nicht zwingend das Mittel der Wahl, weil dadurch die Ausbildungszeit zusätzlich verlängert wird.
Es braucht Möglichkeiten der Kinderbetreuung, Väterkarenz etc. In strukturell schwachen Regionen ist das mit Sicherheit nicht so einfach. Hier haben wir in Summe noch viel Luft nach oben in der gesamten Steiermark!
Was bringt es, wenn ich die Arbeitsmodelle flexibilisieren, Dienste bis 19:00 bzw. 20:00 Uhr ermöglichen, aber keine Kinderbetreuung anbieten können? Wir wissen, dass mehr als die Hälfte der AbsolventInnen Frauen sind mit Familienplanung, Kind oder Kinderwunsch.
Ich bin für 100%-Ausbildungsstellen. Würde man dies Teilzeit ermöglichen, hätte das zwar den Vorteil, dass die KollegInnen fachlich am Ball bleiben, aber die Ausbildungszeit würde von 12 auf 18 Jahre verlängert, was auch nicht wirklich attraktiv erscheint – für die Personen aber auch für die Gesundheitsversorgung, wo die KollegInnen dringend benötigt werden!
Weiters gilt es, älteren KollegInnen attraktive Angebote machen für die Lebensphase 60+. Viele KollegInnen, tätig in Krankenanstalten, sind enorm wertvoll aufgrund Ihrer Expertise – in vielen Bereichen werden sie benötigt – einerseits in der Behandlung von PatientInnen, andererseits für die Aus- und Weiterbildung.
Für diese ist oftmals ein attraktives Incentive, weniger bis keine Nachtdienste zu machen bzw. die Arbeitszeit reduzieren zu können bis sie das reguläre Pensionsantrittsalter erreicht haben. Viele machen das, was sie tun gerne – aber halt reduzierter im Bezug auf die Arbeitszeit.
Nachtdienste beanspruchen sowohl Körper, Geist und haben eine hohe Intensität an Anforderungen und – auch sozialen – Belastungen. So entsteht über die Jahre großer Druck:
Wir brauchen daher Modelle zur Flexibilisierung aber auch Attraktivierung!
Im Bezug auf die Kammer haben wir uns eine stärkere Service-Orientierung vorgenommen – wir sind noch sehr analog in unserer Kammer, hier ist Digitalisierung ein Aspekt, der künftig stärker forciert werden soll.
Wie stehen Sie zu dem Angebot des „Susi-Sorglos-Pakets“ und sollen alle zu KassenÄrztInnen werden?
Das ist nur eine Worthülse. Und was haben die Proponenten davon, wenn das Paket im 1. Moment sorglos wirkt und auf den 2. Blick völlig unattraktiv, weil die betroffenen ÄrztInnen abhängig und eingeschränkt sind in der Leistungserbringung!
WahlÄrztInnen sind keine Randgruppe. Sie sind versorgungs-relevant. Daher ist es auch schwierig, bei der Antwort auf diese Frage alles über einen Kamm zu scheren. Hier muss es Gespräche geben!
Ist es nicht vielmehr so, dass es um die Thematik der Attraktivität einer Kassenstelle geht und wo diese lokal angesiedelt ist, ob mit oder ohne Hausapotheke?
Es muss jede/ jeder für sich frei wählen, überlegen und sich entscheiden können, wass er/sie für sich will.
Die reale Leistungsabgeltung muss attraktiv sein. Sehr viele, die heute als WahlÄrztInnen tätig sind, erhielten früher keinen Kassenvertrag, da es zu dem Zeitpunkt keine freien Kassenstellen gab.
Die Verfügbarkeit ist auch abhängig von der Region. Es gibt Regionen, da gibt es freie Kassenstellen für Allgemeinmedizin, für Gynäkologie oder Kinderheilkunde, da gilt es, das Angebot attraktiv zu gestalten, so dass man ÄrztInnen für diese Region gewinnen kann!
Manche Spezial-Leistungen sind einfach nicht über die Gesundheitskassen rückerstattbar und werden daher privatärztlich erbracht – eine Entscheidung der jeweiligen Ärztin/ des jeweiligen Arztes, aber auch der PatientInnen, die dies in Anspruch nehmen wollen oder müssen.
Die PatientInnen müssen für sich entscheiden können, zu welcher Ärztin/ welchem Arzt sie für welche Leistung gehen können wollen.
Am Beispiel EKG-Schreiben und -Beurteilen zeigt sich teils auch die Absurdität der Vergütung von ärztlicher Expertise. Gemäß internationaler Guidelines sollte dies von einer/ einem spezialisierten Professionalstin/Professionalisten beurteilt werden.
Es braucht mehr „als nur ein paar Minuten“, um ein EKG in seiner Komplexität zu beurteilen und die Entscheidungen zu treffen, die für das Überleben des Menschen relevant sind.
Hier argumentiert man nicht korrekt. Wenn ich so mit der Leistung von ÄrztInnen umgehe, darf ich mich nicht wundern, wenn ich mit dieser Art von Honorierung und auch Wertschätzung der Expertise und erbrachten Leistung keinen Arzt hinter dem Ofen hervorlocke.
Das interessiert auch in Zeiten des Ärztemangel niemand mehr – und die Wahlmöglichkeiten sind auch andere – dessen muss man sich bewusst sein!
Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit den ApothekerInnen
Wichtig ist, sich an den gesetzlich geregelten Rahmen zu halten. Hier ist klar geregelt, wer wofür zuständig ist – ÄrztInnen aber auch ApothekerInnen. Hier sind die Kompetenzen ganz gut, klar und eindeutig definiert.
Ich erlebe alle PartnerInnen im System bemüht sind, ihre Rolle zu erfüllen! Denn ApothekerInnen sind für die Ärzteschaft spezielle und enge PartnerInnen, aufgrund der Leistungserbringung an den Schnittstellen.
Ich persönlich freue mich daher schon sehr auf den 1. Termin gemeinsam mit dem Präsidenten der Apothekerkammer!
Als Präsident der Ärztekammer Steiermark, wo wollen Sie Schwerpunkte setzen im Themenbereich von Gesundheitsfürsorge, Vorsorge und Präventivmedizin?
„Prävention ist ein wichtiger Punkt und hat großes Potenzial in sich. Hier müssen wir stärker hingehen – in allen Bereichen, auch besonders in der Kardiologie!
Die Awareness muss einfach gesteigert und gehoben werden – sie kam in den letzten Jahren COVID-bedingt einfach zu kurz!
In Bezug auf die konkrete Schwerpunktsetzung nahmen wir uns vor, die ersten 100 Tage für die Orientierung zu nützen und Themenbereiche zu sammeln. Dies ersuche ich zu respektieren. Erst nach dem gewonnenen Überblick über die Gesamttätigkeit werden wir die Schwerpunkte für die Steiermark herausarbeiten – worauf wir uns schon sehr freuen als Gesamtteam!“
Sie sind der jüngste unter den 9 Ärztekammer-Präsidenten mit 39 Jahren – damit kommt die 1. Urologische Vorsorge-untersuchung ab 45 und die 1. Colonoskopie ab dem 50. Lebensjahr erst auf Sie zu.
Was tun Sie dennoch proaktiv für Ihre Gesundheit?
- Gesundheit ist zu einem Großteil eine Frage des Mind-Sets für mich.
- Im Bereich des Sports gibt es so manchen Bereich, in dem ich meine Ziele noch nicht erreiche.
- Meinen Blutdruck messe ich als Kardiologie selbstverständlich regelmäßig selbst!
- Ich achte auf meine Ernährung und auf die Blutfette– das versteht sich für einen Kardiologen wie von selbst!
- Ich rauche auch nicht – in Summe habe ich es in meinem Leben auf keine halbe Packung Zigaretten geschafft.
Ich bin dafür einfach nicht geeignet.
Worüber ich stolz bin, unsere Kardiologie an der Universitätsklinik in Graz ist völlig rauchfrei – ein 30 köpfiges, ärztliches Team! - Entspannung finde ich, wie schon zu Beginn erwähnt, in meinem Freundeskreis. Erst jüngst haben wir gemeinsam Chili con Carne gekocht.
Daraus schöpfe ich viel Kraft! - Ein Ort der Kraft ist last but not least meine Familie! Mit meinen 2 Kindern verbringe ich sehr gerne die Freizeit, wir gehen ins Schwimmbad im Sommer. Das lädt mich wieder auf – gemeinsam mit meiner Leidenschaft, der Kardiologie!
Wir danken für das spannende Interview
und wünschen viel Freude und Energie
für das Engagement als Präsident der Ärztekammer Steiermark!
Medizinische Universität Graz – Universitätsklinik für Innere Medizin – Kardiologie
Ärztekammer für Steiermark
Aus Freude am Tun – für mehr Freude am Leben …
Gesundheit fördern – statt Krankheit leben!
Dr.in Lucia Ucsnik, MAS, FECSM
Zentrum für PräventivMedizin, Ärztliche Leitung
Ärztin für Allgemein-, Präventiv-, Sexual-,
Immun-, Stress- und PerformanceMedizin